DAS Fučík-DENKMAL – Kunsthistorische Einordnung
Dr. Benjamin Dörr, Georg Kolbe Museum, Berlin
Das mehrteilige Denkmal für Julius Fučík wurde vom tschechoslowakischen Architekten Vladimír Pýcha entworfen. Teil des Denkmal-Ensembles ist ein Bildnisrelief Julius Fučíks, das von Zdeněk Němeček gefertigt wurde. Die Umsetzung des Denkmals erfolgte 1973/74 durch das Berliner Wohnungsbaukombinat und Bauarbeiter der ČSSR unter Beteiligung der Bildhauer J. Kadlčík und R. Formánek.
Das Denkmal besteht aus fünf Betonstelen von längsrechteckigem Grundriss, von denen drei etwa sechs und zwei etwa vier Meter hoch sind. Die Stelen sind in einer losen Kreisform aufgestellt. Das Denkmal ist nach Osten hin ausgerichtet, so dass das Bronzebildnis Fučíks, das auf der Schmalseite einer der Stelen angebracht ist, die Parkbesucher*innen empfängt, die von der Heinrich-Mann-Straße den Park betreten. Unmittelbar vor dem Denkmal zweigt sich der Weg. Das Bildnis ist flankiert von einer Inschrift, die auf der Breitseite der linken Stele angebracht ist, sowie von einem ornamentalen Reliefband mit kerbschnittartigem Muster, das die Stirnseite der rechten Stele überzieht. Die Inschrift lautet: „MENSCHEN, ICH HATTE EUCH LIEB. SEID WACHSAM!“ Das Zitat stammt aus Fučíks Reportage unter dem Strang geschrieben und ist sowohl auf Deutsch als auch auf Tschechisch und Russisch zu lesen. Darunter ist der Name JULIUS FUčIK eingeschrieben. Dieselbe Inschrift findet sich auf der Stele rechts neben dem Bildnisrelief. Sie zeigt nach Norden, also in Richtung Cottastraße. Das ornamentale Reliefband mit Kerbschnittmuster ziert die Schmalseiten sämtlicher Stelen, mit Ausnahme jener, die das Bildnisrelief trägt.
Němečeks Bildnisrelief zeigt Fučíks Gesicht in idealisierter Form mit markanten Zügen und einem offenen, in die Ferne gerichteten und Entschlossenheit ausstrahlenden Blick. Das Denkmal ist in seiner Wirkung wesentlich durch den klaren, architektonischen Aufbau charakterisiert. Die kerbschnittartigen Reliefs zeichnen es als unmittelbar dem modernen Zeitgeschmack verpflichtet aus, indem sie auf die zeitgenössische Formensprache architektonischer Fassadengestaltung verweisen. In diesem Zusammenhang sei sowohl auf Prestigebauten wie das Berliner Kino International (Karl-Marx-Allee 33, 1964, Grzimek/Schamal/Schiefelbein) verwiesen als auch auf Wohnbauten, für deren Gestaltung in den 1970er Jahren Betonstrukturplatten weit verbreitet waren. Das Zitieren dieser Formensprache kann als eine politische Botschaft verstanden werden, da Plattenbauten in Gestaltung und Funktion als Ausdruck der sozialistischen Gesellschaftsutopie wahrgenommen wurden.
Als Erinnerungsort für einen Dichter innerhalb einer Parkanlage knüpft das Fučík-Denkmal an die Tradition von Dichterhainen an, die zu innerer Einkehr anregen und die Begegnung mit dem Autor und dessen Werk ermöglichen sollen. Durch die architektonische Struktur des Denkmals sind die Betrachter:innen aufgefordert, dieses zu umschreiten, um sich die verschiedenen Seiten der Stelen zu erschließen. Dabei mag es Kalkül des Architekten gewesen sein, dass, im Gegensatz zu den nach Norden und Osten ausgerichteten Schauseiten, andere Bereiche des Denkmals als Leerstellen wahrgenommen werden können. Dies kann als Appell an die Jugend verstanden werden, dem Vorbild Julius Fučíks nachzueifern.